Im Rahmen der Bemühungen der Selbsthilfegruppe Kopfweh (SHG Kopfweh) zur Unterstützung und Aufklärung von Betroffenen, fand kürzlich ein aufschlussreicher Online-Vortrag statt. Gehalten wurde dieser von einer renommierten Expertin im Bereich der Kopfschmerzbehandlung, Prof. Dr. Dagny Holle-Lee. Im Fokus des Vortrags standen die CGRP-Antikörpertherapien, die nicht nur bei Migräne, sondern auch Off-Label für die Behandlung von Cluster-Kopfschmerzen eingesetzt werden. Für weiterführende Informationen und den Zugang zum Vortrag selbst, besuchen Sie bitte die Seite der SHG Kopfweh, wo eine Aufzeichnung des Vortrags verlinkt ist.
Frau Professor Holle-Lee, Leiterin des Westdeutschen Kopfschmerzzentrums in Essen, erläuterte in ihrem Vortrag detailliert die Bedeutung und Funktionsweise des Calcitonin-Gene-Related-Peptide (CGRP) in Bezug auf Kopfschmerzerkrankungen. Sie betonte, dass CGRP eine zentrale Rolle in der Pathophysiologie der Migräne spielt, was sich in erhöhten CGRP-Spiegeln während Migräneattacken manifestiert. Diese Erkenntnisse führten zur Entwicklung von CGRP-basierten Therapien, die eine entscheidende Wende in der Behandlung von Migräne und Cluster-Kopfschmerzen markieren.
Die Expertin stellte verschiedene Antikörper vor, die in Deutschland und Österreich verfügbar sind, darunter Eptinezumab, Fremanezumab, Galkanezumab und Erenumab. Diese Antikörper unterscheiden sich in ihrer Verabreichungsform und der Frequenz ihrer Anwendung, wirken jedoch alle außerhalb des Gehirns, indem sie die CGRP-Spiegel reduzieren und dadurch entzündliche Prozesse und Schmerzen verringern.
Interessant war die Erörterung der Wirksamkeit dieser Antikörper. Frau Professor Holle-Lee erklärte, dass es keine direkten Vergleichsstudien zwischen den verschiedenen Antikörpern gibt, die klinische Erfahrung jedoch zeigt, dass sie ähnlich wirksam sind. Die individuelle Reaktion jedes Patienten auf die Therapie ist entscheidend für die Auswahl des passenden Antikörpers.
Die Erstattungsfähigkeit dieser Therapien wurde ebenfalls angesprochen. Patienten müssen in Österreich und Deutschland mindestens vier Migränetage pro Monat aufweisen und drei verschiedene Vormedikationen ausprobiert haben, bevor sie für die CGRP-Antikörpertherapie in Frage kommen.
Ein wichtiger Aspekt des Vortrags war die Diskussion über Schwangerschaft und Stillzeit in Verbindung mit CGRP-Antikörpertherapien. Obwohl keine direkten Risiken bekannt sind, wird aus Vorsicht eine Therapiepause empfohlen.
Zudem wurde das kardiovaskuläre Risiko bei der Anwendung dieser Antikörper thematisiert. Obwohl die Antikörper selbst kein erhöhtes Risiko darstellen, sollte bei Patienten mit einem erhöhten Risiko für ischämische Ereignisse Vorsicht geboten sein.
Interessant war auch der Hinweis auf die Möglichkeit eines Antikörper-Wechsels, wenn die erste Wahl nicht wirksam ist, sowie die Vorstellung neuer Akutmedikationen wie Lasmeditan und Rimegepant.
Abschließend wurde die Bedeutung digitaler Gesundheitsanwendungen hervorgehoben, die Patienten in der Selbstverwaltung ihrer Migräne unterstützen können.
Dieser Vortrag bietet eine umfassende Übersicht über die aktuellen Entwicklungen in der Behandlung von Migräne und ist eine wertvolle Ressource für alle Betroffenen und Interessierten.
Was hat Migräne mit Clusterkopfschmerzen zu tun?
Migräne und Cluster-Kopfschmerzen sind beides primäre Kopfschmerzerkrankungen, die trotz ihrer Unterschiede auch einige wichtige Ähnlichkeiten aufweisen, insbesondere in Bezug auf die physiologischen Prozesse.
Gemeinsamkeiten zwischen Migräne und Cluster-Kopfschmerz:
- CGRP-Werte: Sowohl bei Migräne als auch bei Cluster-Kopfschmerzen spielt das Calcitonin-Gene-Related-Peptide (CGRP) eine entscheidende Rolle. CGRP ist ein Neuropeptid, das bei beiden Erkrankungen während der Schmerzphasen in erhöhten Konzentrationen im Blut vorkommt. Es wird angenommen, dass CGRP eine zentrale Rolle in der Schmerzentstehung und -aufrechterhaltung spielt.
- Pathophysiologie: Bei beiden Erkrankungen ist das trigeminovaskuläre System beteiligt, das für die Schmerzweiterleitung im Gesichts- und Kopfbereich verantwortlich ist. Die Aktivierung dieses Systems führt zur Freisetzung von entzündlichen Substanzen, einschließlich CGRP, was zu den charakteristischen Kopfschmerzen führt.
- Behandlungsansätze: Aufgrund der erhöhten CGRP-Spiegel bei beiden Erkrankungen können CGRP-Antikörper potenziell bei der Behandlung beider Kopfschmerzarten wirksam sein. Obwohl sie ursprünglich für die Behandlung von Migräne entwickelt wurden, zeigt sich, dass sie auch für Cluster-Kopfschmerz-Patienten von Nutzen sein können.
Unterschiede und Herausforderungen:
- Prävalenz und Forschungsfokus: Migräne tritt häufiger auf als Cluster-Kopfschmerzen, was dazu führt, dass mehr Forschung und Medikamentenentwicklung auf Migräne ausgerichtet sind. Dies kann bedeuten, dass Cluster-Kopfschmerz-Patienten weniger spezifische Behandlungsoptionen zur Verfügung haben.
- Symptomatik und Muster: Migräne zeichnet sich oft durch pulsierende Schmerzen aus, die sich über Stunden oder Tage erstrecken können, während Cluster-Kopfschmerzen durch extrem starke, stechende Schmerzen charakterisiert sind, die in kurzen, aber sehr intensiven Episoden auftreten.
- Ansprechen auf Behandlungen: Die spezifischen Unterschiede in der Symptomatik und Pathophysiologie bedeuten auch, dass nicht alle für Migräne wirksamen Behandlungen für Cluster-Kopfschmerz-Patienten ebenso effektiv sind.
Hier findest du einen eigenen Blogbeitrag zu den Unteschieden.